Rede QCK

Ich bin Ronja vom Queeren Chaos Kollektiv und ich bedanke mich, dass ich heute hier sprechen darf.
Der Titel Grenzen töten mag hart klingen, aber er ist auf so viele verschiedene Weisen wahr. Als queere, trans und inter* Person spüre ich vor allem metaphorische Grenzen tagein tagaus und habe zu viele Menschen an sie verloren.
Ich frage mich oft, warum wir uns das antun. So viele von den Grenzen, die das Leben schwer machen, sind Konstrukte die wir (als Menschen) erfunden haben. Warum darf ich als bestimmtes Geschlecht nur bestimmte Kleidung tragen? Bestimmte Worte für mich und andere verwenden? Bestimmte Rollen innehaben, Berufe ausüben? Selbst wenn es theoretisch erlaubt ist, legen wir einander Grenzen auf und bestrafen einander dafür, wenn diese imaginären Grenzen übertreten werden. Selbst auf’s Klo dürfen wir nicht alle an denselben Orten. Je älter ich werde und je länger ich mein Leben lebe, umso unverständlicher wird es für mich.
Es gibt Grenzen, die wir miteinander vereinbaren. Die wir ziehen, um aufeinander zu achten, und ändern, wenn sie verletzen. Aber die meisten Grenzen werden für uns gezogen, oder eher gegen uns.
Ein Schritt zu weit an den falschen Ort ist illegal, und kann tödlich sein. Wo wir geboren werden bestimmt, welche Ressourcen wir bekommen. Als ob uns das tatsächlich als Menschen trennen oder unterscheiden würde. Ich kenne die Ebene von Geschlecht – weiß, dass mein Körper mich nicht maßgeblich ändert im Vergleich zu Menschen, die andere Körper haben. Die Medizin sagt, dass es zwei Geschlechter gibt – deswegen müssen wir Babies verstümmeln und anpassen, ohne dass sie dazu irgendetwas sagen dürfen. Das ist völlig absurd. Alles davon ist absurd.

Ich kann gar nicht entscheiden, was ich heute für einen Punkt machen will, denn es gibt viele: hört auf, uns in Ecken zu drängen auf Basis von Dingen, die komplett unnötig sind. Ob ein Mensch Mann oder Frau oder nichts davon ist, egal wie deren Körper aussehen, das sagt nichts darüber aus, wer sie als Menschen sind, wie sie sich kleiden dürfen, welche Fähigkeiten sie haben und ob ihr Körper unversehrt bleiben darf. Stoppt erzwungene Eingriffe an inter* Kindern endlich! Hört auf, Geschlecht so viel verdammte Bedeutung zuzuschreiben! Schützt Geflüchtete und kämpft dafür, dass sie hier die gleichen Rechte bekommen, die wir auch haben, und noch mehr. Besonders Menschen, die aufgrund ihrer Sexualität oder ihrem Geschlecht flüchten, haben es hier schwer, weil Österreich trotz dem, wie es sich geben will, ein queerphobes Land ist und queere Geflüchtete spüren das besonders dadurch, dass ihr Queer sein nicht akzeptiert wird. Kolonialistisches Gedankengut lässt nicht zu, dass es queere Menschen auch außerhalb der Grenzen der westlichen Welt gibt. Rassistisches und queerfeindliches Gedankengut kann das nicht akzeptieren, weil es die willkürliche Natur dieser Grenzen nur verdeutlicht. Und queere Geflüchtete leiden darunter.

Aber vor allem ist mir wichtig, dass ihr nicht aufhört zu kämpfen. Als ich in den Anfangsschuhen von meinem Aktivismus stand, als Teenager, wurde mir oft gesagt, das wird sich legen wenn ich älter bin. Aber ich habe das Gefühl, je mehr ich erlebe, desto mehr radikalisiert es mich. Es gibt keine Naturgesetze wenn es ums Soziale geht. Nur weil Grenzen heftig verteidigt und von staatlichen Konstrukten anerkannt sind, heißt das nicht, dass es richtig ist, über Menschen zu urteilen und ihnen Hilfe zu verwehren, nur weil sie auf der anderen Seite von einer willkürlichen Grenze geboren sind. Solche Konstrukte töten und teilen uns, und das dürfen wir nicht zulassen. Bleibt laut, bleibt stark, und bleibt zusammen.
Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat!