Konföderation der Arbeiter:innen aus der Türkei in Europa
Die Gründung, Orientierung und die Ziele der ATIK
Die im Dezember 1986 gegründete ATIK ( Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa ) hat eine lange kämpferische Vergangenheit. Die vor ATIK geführten Tätigkeiten bestanden aus der Gesamtheit, hatten die gleichen Ansichten und politische Festlegungen wie die ATIK. Die Lange und kampfvolle Gründung der höchsten organisatorischen Ebene der ATIK, kann man folgendermaßen beschreiben.
Durch die in den 60 er Jahren unterzeichneten Arbeitsverträgen zwischen Deutschland und ihm nachfolgenden anderen europäischen Ländern und der Türkei, nach Europa kommenden Menschen aus der Türkei beteiligten sich nicht nur an der Produktion, sie gründeten ihre Organisationen , die gegen die Entwicklungen in der Türkei und in Europa Stellung nahmen. Die Anfangs kleinen Organisationen, wurden immer größer, kampfbewußter und konkreter. ATÖF( Föderation der Studenten aus der Türkei in Deutschland ) war die erste und fortschrittlichste Organisation vor ATIK. Die aus Schülern und Studenten gegründete Föderation beschäftigte sich hauptsächlich mit den Problemen der Schüler/ Studenten aus der Türkei.
Die zu einer echten Massenorganisation gewordene ATÖF reichte nicht mehr aus, um den gesamten Mitgliedern und Sympathisanten und deren Problemen zu antworten, deshalb brauchte man eine neue Föderation um diese Probleme der Einwanderer und Einwandererinnen zu lösen. Aus diesem Grund wurde im Jahre 1976 die ATIF ( Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland ) gegründet. In 20 Jahren wuchs ATIF kontinuierlich und versammelte ein großes Potential an Werktätigen um sich, die die gleichen Ansichten vertraten. Es wurden Föderationen in Holland, Frankreich, Österreich und in der Schweiz gegründet. Um diese Föderationen unter einem Dach zu vereinen und für die Rechte der in Europa lebenden Arbeiter aus der Türkei zu kämpfen, wurde im Jahre 1986 die ATIK gegründet.
Die unter ATIK vereinten Föderationen:
ATIF (Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland)
ATIGF (Föderation der Arbeiter und Jugendlichen aus der Türkei in Österreich )
HTIF (Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Holland )
ITIF (Föderation der Arbeiter aus der Türkei in der Schweiz)
Komitee der Arbeiter aus der Türkei in Frankreich
Komitee der Arbeiter aus der Türkei in England
Die Zentrale Politik der ATIK gibt den Föderationen die Richtung an. Mit dieser zentralen Politik suchen die Föderationen für die in ihren Tätigkeitsgebieten aufgetretenen Problemen Lösungsmöglichkeiten.
Europaweit werden in zwei andern Bereichen Tätigkeiten durchgeführt. Nämlich im Bereich der Jugend YDG ( Neue Demokratische Jugend ) und der Frauen. Im Medaillen Bereich der ATIK erscheinen drei Zeitschriften, diese sind: Mücadele ( Kampf ) , Yeni Kadin ( Neue Frau) und Yeni Demokratik Genclik ( Neue Demokratische Jugend )
Die Ansichten der ATIK gegenüber der Einwanderungspolitik:
ATIK bestimmte den Status der in Europa lebenden Arbeiter aus der Türkei als „Fremde“ und orientiert ihre Politik danach. Während der 9. Jahrestagung der ATIK wurde der Status neu diskutiert. Es kam dabei heraus, daß die Feststellung als „Fremde“ nicht mehr mit den Tatsachen übereinstimmen und sie wurden als „Einwanderer“ übernommen.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges benötigten die europäischen Länder Arbeitskräfte, die ihnen bei dem Wiederaufbau Europas helfen sollten. Da es in Europa an Facharbeitern und Arbeitern mangelte, wurden aus Entwicklungsländern wie der Türkei, Spanien, Griechenland, usw. Facharbeiter und Arbeiter nach Westeuropa geholt. Bei diesem Arbeitertranfer lag die Türkei an erster Stelle. In Deutschland wurden vier Jahre nach Unterzeichnung der Verträge über 100.000 Arbeiter beschäftigt. Dies galt nicht nur für Deutschland, sondern es stieg die Zahl der Fremdarbeiter parallel mit den anderen europäischen Ländern an. Heute leben und arbeiten in Deutschland, der Schweiz, Holland, Belgien, Österreich, Frankreich, Schweden, Dänemark und Großbritannien über 3 Millionen Einwandererinnen und Einwanderer aus der Türkei. Von Deutschland angeführt, wollten die Arbeiter aus der Türkei die vertraglich nach Europa kamen, ein paar Jahre arbeiten, etwas Geld sparen und in die Türkei zurückkehren. Sie richteten ihren Lebensstil danach aus. Um ihre Zukunft in der Türkei zu garantieren, machten sie sogar Investitionen in der Türkei. Die aus den ländlichen Bereich kommenden Arbeiter kauften Ackerland und Traktoren, dies galt auch denen die aus den Städten kamen. Sie kauften Grundstücke und Häuser in der Türkei. Viele Einwanderer in Deutschland investierten auch in die eigenen Betriebe. Diese Investitionen nahmen vor allem ab 1974 erheblich zu. Dies alles geschah mit den Gedanken einmal zurückzukehren.
Eine andere Tatsache ist, daß die Arbeiter in den ersten Jahren nicht daran dachten, ihre Familien nachzuholen, da sie ja auf jeden Fall in ihre Heimat zurückkehren wollten. Sie wohnten deshalb hauptsächlich in Wohnheimen. Viele die noch fest davon überzeugt waren so schnell wie möglich zurückzukehren, gewöhnten sich langsam an den Gedanken vielleicht doch in Deutschland zu bleiben. Nach dem Aufnahmestop in Deutschland und des 1974 unterzeichneten bilateralen Familienzusammenführungsvertrages, gab es eine Wende im Leben der Arbeiter aus der Türkei. Die bis dahin in Wohnheimen lebenden Arbeiter begannen ein geordnetes Leben in Einzelwohnungen mit ihren Familie zu führen. Diese Veränderungen führten dazu, daß sie ein bißchen länger als geplant in Europa leben.
Aus Solidarität und dem Zusammengehörigkeitsgefühls lebten die meisten Einwanderer in den selben Vierteln, die jedoch nach kurzer Zeit als Ghettos verschrien waren.
Um die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu bremsen, wurde ein Rückkehrgesetz im Bundestag verabschiedet. Man überredete die Einwanderer mit Prämien in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Viele nahmen diese Prämie auch dankend an und kehrten zurück. Ein anderer Grund für die Rückkehr war auch, daß die Ausländerpolitik in den Aufnahmeländern verschärft und dass die Arbeitsverträge nicht mehr verlängert wurden. So wurde die Arbeitslosigkeit in Deutschland verringert. Einwanderer bekamen auch immer häufiger unterpriviligierte Arbeiten, die kein Einheimischer übernehmen wollte. Man erreichte eine Trennung zwischen den einheimischen Arbeitern und den Einwanderern. Viele der zurückgekehrten Einwanderer wollten trotzdem noch mal gerne zurück nach Deutschland um hier zu arbeiten. Doch der Dank Deutschlands war es ihnen die Einreise unmöglich zu machen..
Viele der Einwanderer die auf Grund der Prämien zurückgekehrt waren, bereuten ihre Entscheidung, da sie in ihren Heimatländern nach längerer Abstinenz nicht mehr klar kamen. Vor allem hatten die Jugendlichen die starke Neigung nach Deutschland zurückzukehren. Dies bewegte die Bundesregierung noch einmal umzudenken. Sie führten ein Rückkehrgesetz ein, dass jedem der einmal zurückgekehrt war erlaubte, unabhängig von den Familien nach Deutschland zurückzukehren. Sie erhielten hier dann auch eine Aufenthaltsgenehmigung und eine Arbeitserlaubnis.
All diese Entwicklungen haben zu Umdenken bei den hier lebenden Einwanderern geführt. Jetzt nach fast 40 Jahren wollen die meisten nicht mehr weg aus Deutschland, weil sie Deutschland nunmehr als ihre Heimat sehen . Die Zuneigung ist bei den Jugendlichen noch größer. Sie denken gar nicht mehr daran zurückzugehen. Bei einer der 1986 in 8 deutschen Städten durchgeführten Umfrage äußerten sich 39.4% der Arbeiter aus der Türkei für die Rückkehr in die Türkei und 21% meinten, daß die mindestens noch 10 Jahre oder für immer in Deutschland leben wollen.
Ein anderes Ausmaß ist auch die Entwicklung beiden Studierenden. Die in den ersten Jahren geringe Schüler und Studenten Zahl zeigte 1992, einer Untersuchung zufolge, einen erheblichen Anstieg an Gymnasien und Hochschulen. Dieses Ergebnis ist ein Bild dafür, daß die Arbeiterkinder die hier geboren und aufgewachsen sind, nicht mehr vorhaben zurückzukehren.
Ein anderer Trend zeigt sich auch bei den Investitionen: Grund erwerben, kleinere Betriebe eröffnen und sich selbständig machen stehen an erster Stelle. Dies zeigt auch, daß die Arbeiter nicht mehr soviel in die Türkei investieren, sondern mehr in die Länder, in denen sie leben. Eine Untersuchung zufolge, sind zur Zeit 37.000 Menschen aus der Türkei in Deutschland selbständig. Dies zeigt, daß sich die Zahl der Selbständigen aus der Türkei seit 1983 verdreifacht hat. 41% davon sind im privatem Sektor tätig.
Ein anderer Bereich sind die unbeweglichen Gegenstände. Nach den statistischen Untersuchungen zufolge steigt die Zahl der immobilienkaufenden Arbeiter aus der Türkei ständig an.
467 tausend, das sind 11% der Arbeiter aus der Türkei, besitzen entweder ein Einfamilienhaus oder Wohnungen. Ab dem Ende 1990 wurden 145 tausend Bauverträge unterzeichnet und 8 Milliarden DM auf die Konten überwiesen. In anderen Ländern wie Holland, Belgien, Frankreich und Großbritannien, wo die Arbeiter aus der Türkei zahlenmäßig viel sind, machen sie sich selbständig . 1992 waren in Holland 1703 selbständig. In Belgien bekamen allein im Jahr 1990 1367 Gewerbeberechtigungen. In Frankreich trifft man häufiger auf Bauunternehmen die von den Menschen aus der Türkei geführt werden. Bei den großen staatlichen Aufträgen kommen öfters kleine Baufirmen zusammen. In Dänemark ist die Zahl der Kleinbetriebe auf über 300 angewachsen. Diese, aus wirtschaftlichen und politischen Gründen wichtigen Zahlen zeigen, daß die Arbeiter aus der Türkei nicht mehr vorhaben zurückzukehren. Da die türkische Regierung dies auch weiß, versucht sie durch einige Gesetzesänderungen den Devisenfluß aufrechtzuerhalten. Diese Änderungen bewirken, dass Akzeptieren der Doppelstaatsbürgerschaft und das Ableisten des Wehrdienstes im Aufenthaltsland.
Zur Folge der ganzen Entwicklungen haben die Arbeiter aus der Türkei in Europa einen bleibenden Status. Sie sind aus den“ Ausländer- Status“ in den“ Einwanderer – Status“ übergegangen.
Die Folgen dieser Feststellung:
ATIK ist eine demokratische Massenorganisation, der in Europa lebenden Einwanderer aus der Türkei, die für ihre demokratisch – wirtschaftlichen Rechte kämpfen.
ATIK kämpft gegen jede, als Ausländergesetz bekannte, Anwendungen. Die hier lebenden Einwanderer und dauerhaft Bleibenden als Ausländer zu bezeichnen entspricht nicht den Tatsachen. Denn auch die Einwanderer zahlen ihre Steuern und tragen dem Wirtschaftsaufschwung bei. Deshalb müssen sie die selben Rechte genießen wie die Europäer..
ATIK kämpft für das Recht der Einwandererkinder, ihre Muttersprache in den Schulen zu erlernen.
ATIK unterstützt und propagiert für den nationalen und sozialen Befreiungskampf in der Türkei und der ganzen Welt.
ATIK ist gegen Folter jeglicher Art.
Da alle Menschen gleich sind, ist ATIK gegen die Verurteilung der Menschen wegen ihrer politischen Ansichten.
ATIK ist gegen die Verächtigung der Menschen wegen ihres religiösen Glaubens.
ATIK ist gegen die nationale, sozialen und sexuelle Unterdrückung der Frauen und verteidigt die Gleichberechtigung.
ATIK arbeitet für den Schutz der Jugendlichen vor Drogen, Kriminalität und jeglicher Degeneration. ATIK klärt die Jugendlichen auf und organisiert sie.
ATIK ist gegen Imperialismus, Faschismus und jeglicher Art von Reaktionismus.
ATIK ist gegen Besetzung jeglicher Art.
ATIK ist gegen die Zerstörung der Natur und gegen Atomversuche.
ATIK achtet die Kulturen aller Völker und setzt sich für die Verbindung der Kulturen ein.
Zusammenarbeit:
Alle Vereine, Institute und Föderationen, die die oben aufgezählten Ziele akzeptieren und in deren Rahmen agieren, können der ATIK beitreten. ATIK ist für die Zusammenarbeit mit anderen demokratischen Vereinen und Instituten auf Ebene der Aktionseinheiten mit gegenseitiger Akzeptanz, Vertrauen und Gleichberechtigung.